Denn ich fresse nicht nur Jungfrauen!

Freitag, 7. Juli 2017

Freitagsprobe: Rotkäppchen und der Hipster-Wolf von Nina MacKay

Quelle und ©: Verlag
In einer kurzen Pause meiner Rettung Nibels in Ori and the Blind Forest widme ich mit »Rotkäppchen und der Hipster-Wolf«, einem Werk von Nina MacKay. Ich habe zwar »Plötzlich Banshee« bei weitem nicht in guter Erinnerung, aber Märchen sind ja doch mein Fall … Und wir erinnern uns: Trash …

Im Märchenwald ist die Hölle los. Alle Happy Ends wurden gestohlen! Cinderella, Schneewittchen und Co. beschließen, ihre verschwundenen Prinzen zu retten, wozu sogleich eine “Verhöre-und-Töte”-Liste der Verdächtigen erstellt wird:
1. Wölfe töten
2. Hexen töten
3. böse Stiefmütter töten (wobei das oft mit Punkt 2 einhergeht)
4. böse Feen töten

Nur Red findet die Idee äußerst schwachsinnig. Doch dann taucht ein gutaussehender Hipster auf, der mehr über die verschwundenen Prinzen zu wissen scheint. Schnell stellt sich heraus, dass Everton eigentlich ein Werwolf ist und auf der Liste der durch die Prinzessinnen bedrohten Arten steht. Red bleiben plötzlich nur sieben Tage, um die Prinzen zu finden, bevor sie Ever ausliefern muss. Doch warum will gerade er eigentlich die Happy Ends zurückbringen? Benutzt er Red nur für seine eigenen Zwecke? Sicher ist jedoch: In Reds Leben nimmt ab sofort die Zahl der Hipsterwitze wahnwitzige Ausmaße an, sehr zum Leidwesen von Ever …
(Quelle: Amazon)


Schon im Klappentext frage ich mich, warum wahllos zwischen deutschsprachigem und angelsächsischen Raum gewechselt wird. Im Deutschen heißt das Mädchen Aschenputtel und nicht Cinderella. Der Wechsel verschiedenster Märchenkulturen setzt sich durch die Leseprobe fort, obwohl der Text den Eindruck erwecken will, auf Grimmmächen zu beruhen. Das tut er jedoch nicht! Aber Rotkäppchen ist ja fesh und hat schon auf dem Cover einen dieser komischen Selfiesticks, weshalb sie sich zumindest ganz cool im Weiteren Red und nicht mal Red Riding Hood nennt.

Dem Text geht eine »Warnung« voraus, die in mir böse Erinnerungen an Wattpad weckt, was ehrlich gesagt nicht unbedingt den seriösesten Eindruck macht. Diese »Warnung« hat den Anstrich von: »Legt Taschentücher bereit! Legolas wird euch in dieser weiteren unter Milliarden von 10th Walker Sues Fanfictions sooooo sehr zum Heulen bringen!« Ich denke, Leser sind selbständig (und erwachsen) genug, um so etwas selbst zu bestimmen, was solche Anmerkungen überflüssig macht.

Was mir aber positiv ins Auge fällt, sind die kleinen süßen Bildchen vor jedem Kapitel, die Märchenfiguren zeigen. Dann hört es auch schon auf.

Red, unsere Protagonistin präsentiert sich sogleich als, verzeiht den Ausdruck, Arschloch. Ihr ist wortwörtlich ein Hipster ins Netz gegangen, und sie beömmelt sich köstlich über seinen Anblick und will das auch noch auf YouTube einstellen, um ihn noch mehr herabzuwürdigen. Sorry, Leute, das ist Arschlochverhalten und macht mir einen Buchcharakter sowas von unsympathisch.

Die Warnung warnt mich übrigens davor, dass peinliche Situationen entstehen können, liest man das Buch in der Öffentlichkeit, weil es zu unkontrollierten Lachflashs kommen kann. Das bezweifle ich jedoch, denn der Humor kommt ausgesprochen flach, rollt fast schon förmlich über den Boden. Ein Hipster wiegt ein Instagram, hahahaha, wie unlustig …

Neben Red erscheinen mir auch die anderen Protagonistinnen, Schneewittchen, Dornröschen und Aschenputtel (oder ganz fesh Snow, Rose und Cinder) wenig sympathisch. Sie benehmen sich wie aufgescheuchte Hühner, die anscheinend nur die nächste Beautysession im Kopf haben und möglichst toll auf ihren Instagram Accounts aussehen wollen. Leute, bitte …

Der Roman konzentriert sich zumindest im Prolog ausschließlich auf die bekanntesten Märchen, was sehr schade ist. Immerhin umfasst allein die Sammlung der Gebrüder Grimm insgesamt zweihundert Kinder- und Hausmärchen und zehn Kinderlegenden. Man könnte fast den Eindruck gewissen, die bestünden samt und sonders aus Rotkäppchen, Schneewittchen und Konsorten. Wer hat schon einmal von Fitchers Vogel oder von Knoist un sine drie Sühne gehört? Letztere wäre auch noch ein wunderbares Beispiel dafür, dass Märchen nicht immer nur nach dem Schema Verlorene Prinzessin + Prinz = Happy End verlaufen, denn es ist ein Lügenmärchen. Oder vom Hühnchen und Hähnchen, das in der absoluten Katastrophe, dem Tod aller Tiere, endet …

Wären das nicht mal Märchen, mit denen man sich in einer Parodie auseinander setzen kann? Immer und immer wieder dieselben Märchen mit denselben billigen Sprüchen aufs Korn zu nehmen, ist alles andere als originell.

In diesem Fall kann ich nicht einmal das Potenzial entdecken, dass daraus etwas Gutes hätte werden können, denn schon die Leseprobe lässt nichts davon entdecken. Das Material ist oft genug ausgewalzt worden, die Grundidee reichlich durchgekaut und auch die Charaktere lassen keine Eigenschaft erkennen, die sie für mich nach der Leseprobe lesenswert machen würden. Nein, einfach nein. Da rette ich doch bedeutend lieber Nibel.


Die vom mir gelesene Leseprobe findet sich auf Amazon.


Autor: Nina MacKay
Titel: Rotkäppchen und der Hipster-Wolf
Sprache: Deutsch
Reihe: Nein
Seiten: 380
Originalpreis: 4,99€
Verlag: Drachenmond Verlag
Genre: Fantasy
ASIN: B01LYFJJ4K
Erscheinungsjahr: 2016

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